Südafrika: Auf Safari zu den Big Five
Afrikas ältestes Wildschutzgebiet begeistert mit einer unglaublichen Artenvielfalt. Auf Safari zu Giraffen, Elefanten & Co. im Krüger Nationalpark.
Von Simone F. Lucas
Sie wirken fast zutraulich, die Nashörner, die es sich an einer Schlammkuhle gerade gut gehen lassen - auf ihre Art. Die Dickhäuter urinieren ganze Wasserfälle in den Schlamm, in dem sie sich dann genüsslich wälzen. Unter der heißen Sonne trocknet die schwarze Schlammpackung schnell zu einer dicken grauen Kruste, die später in Klumpen abfällt. Ein Nashorn wälzt sich lustvoll im Schlamm, ein anderes hat das Schlammbad wohl schon hinter sich, die Sonne hat die nasse Pampe zu einer grauen Kruste getrocknet. Von unserer Anwesenheit lassen sich die Dickhäuter nicht im Geringsten stören. Wir sind im Krüger Nationalpark in Südafrika.
Dort sind die Tiere geschützt - eigentlich. Aber sogar im Schutzgebiet werden die seltenen Tiere von brutalen Wilderern gejagt. Die Wilderer-Mafia hat es vor allem auf die Hörner abgesehen. Die gelten bei reichen Chinesen als Aphrodisiakum. Mehr als ein Kilo Gold kostet ein Kilogramm des begehrten Pulvers. Davon berichtet uns Elvis am abendlichen Lagerfeuer. Der Ranger macht den grenzüberschreitenden Park verantwortlich für das Gemetzel - der Great Limpopo Transfrontier Park liegt im Länderdreieck Südafrika, Simbabwe und Mozambique: „Die Behörden in Mozambique sehen das alles nicht so streng.“ Und Simbabwe habe ganz andere Probleme als den Schutz der Tiere. Immerhin hat die Regierung inzwischen 500 Nashörner aus der Gefahrenzone evakuiert.
Wir bremsen auch für Käfer
Wie wichtig dieser Schutz ist, erleben wir, als wir am anderen Tag mit Elvis auf Pirsch gehen. Der 46-Jährige ist seit 20 Jahren Ranger und hat nicht nur Augen wie ein Luchs, sondern auch viel zu erzählen. Dass ein Impala-Männchen einen Harem von 20 Weibchen hat, entlockt den mitfahrenden Männern ein bewunderndes „Oh!“ - doch das Schicksal der Alten, die von den Jungen vertrieben werden, würden sie dann doch lieber nicht teilen. Die schönen, grazilen Impalas sind, so Elvis schonungslos, „das Hauptfressen des Parks“.
Keine einfache Leckerei sind dagegen die kecken Warzenschweine, die mit ihrem wie eine Antenne aufragenden Schwanz so witzig aussehen. Sie könnten sogar einem Leoparden gefährlich werden, warnt der Ranger. Und dann lobt er die Warzenschwein-Mütter, die „verantwortungsbewusster mit ihrem Nachwuchs umgehen als manche Menschenmutter“. Auch die Zebras mit ihren supermodischen Streifen - nichts anderes als eine natürliche Camouflage - sind laut Elvis alles andere als Kuscheltiere.
Video: Reise-Entdecker in Südafrika
Plötzlich taucht hinter einer Kurve eine Giraffe mit Baby auf. Wir kommen den beiden ganz nahe, sehr zur Freude der Fotografen - für die Tiere scheinen wir gar nicht zu existieren. Elvis kann gerade noch erklären, dass die langhalsigen Giraffen im Stehen schlafen und beim Trinken am meisten verwundbar sind, als etwas anderes seine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Etwas Kleines. Ein Skarabäus, der eine Mistkugel über die Straße rollt. Auch für den Mistkäfer halten wir - und sehen, dass er nicht allein ist. Ein ganzer Trupp Käfer bringt den Boden in Bewegung.
Raschelt da etwas im Gebüsch? Elvis erspäht einen Wasserbock und einen zerzausten Adler auf einem Baum. Dann erfährt er von einem anderen Ranger, wo die Nashörner gerade ihr Schlammbad nehmen. Und auf dem Weg dorthin können wir einen Gepard bewundern, den schnellsten Jäger im Park. Dass die schöne Raubkatze auch schnurrt wie ihre zahme Verwandte, können wir nicht hören. So nah trauen wir uns dann doch nicht heran. Dafür können wir bei der Rhino-Wellness ausgiebig zuschauen. Am Straßenrand türmt sich frische Nashorn-Losung zu einem dampfenden Berg. „Die Bullen markieren so ihr Revier“, doziert Elvis, „je größer der Haufen, desto mächtiger der Bulle. Da sollte ein Jüngerer besser Reißaus nehmen.“
Wir überlassen die Nashörner ihrem Vergnügen und fahren in den Sonnenuntergang. Ein mächtiger Büffel steht gegen den Horizont, wie der berühmte Osborne-Stier. Auf der Wiese daneben lagert eine ganze Herde. Dass der Büffel das gefährlichste Tier im Krüger-Park ist, haben wir nicht gewusst. „Völlig unberechenbar“ sei so ein Bulle, warnt Elvis. Immerhin gehört der Büffel wie Nashorn, Löwe, Leopard und Elefant zu den Big Five, die jeder Safari-Tourist gesehen haben will.
Abends am Lagerfeuer
Doch wo sind die Elefanten? 15 000 soll es im Krüger-Park geben, aber keiner ist zu sehen. Auch kein Löwe und schon gar kein Leopard. Doch gemach, wir haben ja noch einige Tage Zeit - und eine Nachtfahrt vor uns. Der Mond hängt wie eine trunkene Sichel am Himmel, als wir uns auf die Pirsch machen. Wir hören einen Löwen brüllen, sehen aber nur einen Schakal von hinten. Das Licht des Scheinwerfers schreckt ein Buschbaby auf, das uns mit riesengroßen Augen vorwurfsvoll mustert. Über dem nächtlichen Zeltcamp wölbt sich ein funkelnder Sternenhimmel, der uns das Gefühl gibt, ganz weit weg zu sein von der Zivilisation, auch wenn wir am Lagerfeuer von Ferne einen Zug rattern hören.
Elefanten haben wir dann doch noch gesehen: einen imposanten Bullen, so beängstigend nah, dass wir vor lauter Überraschung zu fotografieren vergaßen. Und dann gleich eine ganze Sippe mit Babys. Auch der König der Tiere gab sich die Ehre, posierte nonchalant für ein Großporträt und legte sich dann zur Ruhe, satt vom Fleisch eines kleinen Büffels, den er im Schatten eines Baums deponiert hatte. Nur der Leopard ließ sich nicht blicken. Aber dafür hatten wir seinen schnellen Bruder, den Gepard, getroffen. Und immer wieder auch Nashörner. Genug jedenfalls, um zu erkennen, wie wichtig der Erhalt dieses Schutzgebiets ist. Allein der Unterhalt des Krüger-Parks kostet Millionen, der Kampf gegen die Wilderer-Mafia nicht eingerechnet. Er ist jeden Cent wert.
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