33 verrückte Traditionen: Schräge Bräuche weltweit
Teebeutel-Zielwurf an der Elbe, Tomatenschlacht in Spanien und das bunte Holi-Fest in Indien: Jedes Reiseland hat seine ganz eigenen Bräuche und Traditionen. Und egal ob lustig, skurril oder unglaublich, mitfeiern und dabei sein macht garantiert Laune.
1. Das Fischerstechen ist ein 500 Jahre alter bayrischer Fischerbrauch – eine Art Ritterturnier, allerdings mit Booten statt Pferden. Je drei auf einem wackligen Boot stehende Männer versuchen, die gegnerische Mannschaft mit einer hölzernen Lanze von deren Boot ins Wasser zu stoßen. Die Gaudi findet zum Beispiel stets am 15. August am Staffelsee statt.
2. Schnabler nennt man in Bayern die großen alten Holzschlitten. Beim Gaißacher Schnablerrennen rasen mutige Dorfburschen im Faschingskostüm den 1,5 Kilometer langen Lehnerberg zu Tal und heben an der Naturschanze im Zielhang zu bis zu 25 Meter langen Sprüngen ab. Gewonnen hat, wer sein Kleinholz am schnellsten ins Ziel bringt.
3. Schlammschlacht an der Elbmündung: Bei der Brunsbüttler „Wattolümpiade“ kämpfen sich Hunderte „Wattleten“ in Disziplinen wie Teebeutel-Zielwurf, Gummistiefel-Weitwurf und Aal-Staffellauf durch den Schlick. Die „Mud Olympics” dienen einem guten Zweck, der Reinerlös kommt Krebspatienten zugute. Termin: August 2020 (alle zwei Jahre).
4. Beim Pschuuri in der Schweizer Gemeinde Splügen versuchen am Aschermittwoch die maskierten Jungmänner des Dorfs, junge Frauen zu erwischen und deren Gesicht mit Asche zu schwärzen. Glocken um die Hüften machen die Häscher kenntlich und geben den Opfern Gelegenheit zur Flucht.
5. Nur Stroh im Kopf: Am ersten Februarsamstag treffen sich die Schüler des Engadiner Dorfs Scuol am Dorfplatz, um aus Stroh den „Hom Strom” zu bauen. Dann wird der neun Meter hohe Strohmann angezündet. Einst opferten die Heiden so einen Teil ihrer Ernte und hofften auf einen guten Sommer.
6. In den Zeiten vor Tinder und Parship war Fensterln eine bewährte Methode zum Anbandeln. Bei der Zillertaler Fensterlmeisterschaft in Tux können die Burschen in ihren Krachledernen beweisen, wie schnell sie es bis zum Fenster der Angebeteten im dritten Stock schaffen. Termin: Anfang Juli.
7. 26.000 Knödel, 26 Sorten: Beim Knödelfest in St. Johann in Tirol (Ende September) können sich die Besucher in den siebten Knödel-Himmel schlemmen. Die spannendste Frage: Wie lange wird der längste Knödeltisch der Welt diesmal sein? Der wird nämlich nicht aufgestellt, sondern je nach Anzahl der Knödelesser angestückelt. 2019 kamen fast 600 Meter zusammen.
8. Tausende Tomaten fliegen in der spanischen Stadt Buñol bei der Tomatina durch die Luft. Rund 40.000 Einheimische und Touristen bewerfen sich immer am letzten Augustmittwoch mit den überreifen Früchten – eine Riesensauerei und Riesengaudi. Am nächsten Morgen helfen alle beim Saubermachen mit.
9. Die Weinschlacht in Haro in der Region La Rioja geht auf einen Grenzstreit mit dem Nachbarort zurück. Nach der heiligen Messe beginnt die feucht-fröhliche Auseinandersetzung, bei der sich die Teilnehmer gegenseitig mit hektoliterweise Rotwein bespritzen. Das Spektakel findet immer am 29. Juni statt.
10. Was sich liebt, das neckt sich – oder haut sich mit bunten Plastikhämmern auf den Kopf. Genau das machen Männer und Frauen in Portugals Hafenstadt Porto beim São João-Fest, der traditionellen Sommersonnenwende. Das soll Glück bringen. Zwischendurch stärkt man sich mit gegrillten Sardinen.
11. Zweimal im Jahr (2. Juli und 16. August) verkehrt sich das toskanische Städtchen Siena in ein Tollhaus: Zehn Jockeys reiten in mörderischem Tempo dreimal um den mittelalterlichen Stadtplatz. Nach dem Rennen feiern die Sieger die ganze Nacht an langen Tischen in den Altstadtgassen. Den Ehrenplatz hat das Siegerpferd.
12. Orangen statt Kamellen: Bei der Orangenschlacht in der norditalienischen Stadt Ivrea dienen rund 500 Tonnen der saftigen Südfrüchte als Wurfgeschosse. Das Karneval-Bombardement geht auf das Mittelalter zurück und erinnert an einen Volksaufstand gegen einen tyrannischen Herrscher.
13. Schwein gehabt! Im Pyrenäen-Städtchen Trie-sur-Baïse dreht sich am ersten Augustwochenende alles ums Schwein. Neben kulinarischen Events gibt es beim Fest „La Pourcailhade“ die Meisterschaft im Schweinegrunzen, bei der echte Schweine und Menschen um den Titel wetteifern.
14. Ein steiler Hang, ein hinunter rollender Käselaib und ein Dutzend wild entschlossene Fänger: Das ist das „Cooper’s Hill Cheese Rolling and Wake“. Die wilde Jagd in der Käsegrafschaft Gloucestershire gibt es seit dem 15. Jahrhundert jedes Jahr im Mai. Längst schauen dem nicht ungefährlichen Spektakel zehntausende Besucher zu.
15. Die spinnen, die Waliser! Bei der „World Bog Snorkelling Championship“, der Weltmeisterschaft im Sumpfschwimmen, müssen sich die Teilnehmer mit Schnorchel und Schwimmflossen 110 Meter lang durch einen Schlammkanal kämpfen. Zuschauer erfreuen sich an originellen Techniken, denn normales Schwimmen ist im trüben Modder nicht möglich. Am 1. Montag im August.
16. Wet T-Shirt Contest auf polnisch: An jedem Ostermontag wird in Polen Jagd auf junge Frauen im heiratsfähigen Alter gemacht. Beim Smigus Dyngus (nasser Montag) lauern die Herren der Schöpfung mit Eimern, Wasserbomben und großkalibrigen Wasserpistolen ihren Opfern auf.
17. Was guckst du? Gardinen sind in Norwegen nur Deko. Keiner käme auf die Idee, sie zuzuziehen und den Blick in die hell erleuchteten Wohnungen zu verwehren. Meist steht im Fenster auch noch eine kleine Kerze, um Fremde willkommen zu heißen.
18. Die Walpurgisnacht heißt auf Schwedisch Valborg und ist das wichtigste Studentenfest. In Uppsala wird der Frühling mit einem Gaudi-Bootsrennen auf der Fyris begonnen, danach ploppen die Sektkorken beim „Champagnegalopp“, einem feucht-fröhlichen Lauf durch die Stadt.
19. Nichts für Warmduscher: In Sofia springen am 6. Januar Männer in einen Eissee. Ziel ist es, als erster das Holzkreuz zu erwischen, das ein Priester geweiht und dann in das eiskalte Wasser geworfen hat. Dem Sieger winkt ein Jahr voller Glück. Das Spektakel soll an die Taufe Jesu erinnern.
20. „Peitschen-Montag“ wird der Ostermontag in Tschechien genannt: Männer klingeln bei ihren Nachbarinnen und weiblichen Verwandten und schlagen die Frauen mit geflochtenen Weidenruten auf die Beine. Ganz leicht natürlich und nur symbolisch. Der Brauch soll Gesundheit und Jugend bringen.
21. In Südafrika lohnt es sich, den Glasperlenschmuck der Zulu-Frauen genauer zu betrachten. Seit alter Zeit drücken sie traditionell mit Perlenfarben und -mustern ihre Gefühle aus. Beim sogenannten Zulu-Liebesbrief steht Weiß für Treue, Schwarz für Sehnsucht, Rot für Liebeskummer.
22. Der bunte Wahnsinn: Beim Holi-Fest in Indien überschütten sich die Menschen mit Farbpulver und Wasser. Mit diesem ausgelassenen Spektakel läuten die Inder den Frühling ein. Das Fest beginnt am Vollmondtag des Monats Phalguna, der nach unserer Zeitrechnung im Februar oder März liegt, und dauert bis zu zehn Tage.
23. Schlürfen, schmatzen, spucken, rülpsen, pulen, kleckern – in China geht es beim Essen äußerst laut und ungehobelt zu. Wer keine Geräusche von sich gibt, dem schmeckt’s nicht, er gilt als unhöflich. Wer dann noch den zum Essen gereichten Schnaps „Ergotou“ (56 Prozent Alkoholgehalt) ablehnt, ist bei den Chinesen endgültig unten durch.
24. Zur heißen Schlacht am kalten Büffet gerät das Monkey Buffet Festival, das im November im thailändischen Ort Lopburi steigt. Auf die etwa 3.000 Affen aus der Umgebung warten reich gedeckte Tische, auf denen Pyramiden von Obst, Gemüse und Süßigkeiten liebevoll arrangiert sind.
25. Wenn in Thailand auffällig viele Menschen rosa gekleidet sind, dann ist wahrscheinlich Dienstag. Denn in der Hindu-Mythologie ist jedem Gott eine bestimmte Farbe zugeordnet. Daraus ergeben sich die Farben der Wochentage, z. B. rot für Sonntag, gelb für Montag, hellblau für Freitag… Touristen, die sich daran halten, werden von den Einheimischen mit Komplimenten überhäuft.
26. Alles Phallus oder was? Beim Kanamara Matsuri-Fest in der japanischen Stadt Kawasaki im April dreht sich alles um den Penis. Das gute Stück thront auf jedem der Umzugs-Festwagen. Der Ursprung liegt im 17. Jahrhundert: Da baten Prostituierte die Götter um gute Geschäfte und Schutz vor Sexualkrankheiten.
27. Münchens Oktoberfest wird weltweit kopiert. Das Oktoberfest der US-Metropole Cincinnati, immer an einem Wochenende Ende September, startet traditionell mit dem Running of the Wieners, einem Wettrennen mit als Hot Dogs verkleideten Dackeln. Und bei den „Gemütlichkeit Games“ dürfen sich starke Kerle beim Bierfassrollen messen.
28. Mit ihrem schrägen Winterkarneval „Fur Rendezvous“ in Anchorage zeigen die Alaskaner dem langen, kalten Winter die lange Nase. Besonders publikumsträchtig ist der Blanket Toss, eine alte Eskimo-Tradition, bei der die Auserwählten auf einem riesigen Tuch aus Tierhäuten in die Höhe geschleudert und (Daumen drücken!) wieder aufgefangen werden. Früher diente diese Technik Walfängern zum Erspähen ihrer Beute. Termin: Ende Februar/Anfang März.
29. Wie viele Küsschen dürfen es denn sein? In Brasilien ist es üblich, sich mit Küsschen zu begrüßen. Aber wie viele es sind, ist von Region zu Region unterschiedlich. So gibt man in São Paulo nur eines, in Rio zwei und andernorts drei. Im Internet kann man sich anhand einer Kuss-Landkarte orientieren, um kusstechnisch vor Fettnäpfchen sicher zu sein.
30. Skelette auf den Straßen, Menschen mit Totenkopfbemalung, Partys auf Friedhöfen: In Mexiko ist der „Tag der Toten“ (Dia de los muertos) keineswegs ein makabres Gruselstück, sondern ein wichtiges traditionelles Familienfest, bei dem die Menschen ihrer Toten gedenken und sie zu sich einladen. Jedes Jahr am 1. und 2. November.
31. Bei der Weltmeisterschaft im Frauentragen im finnischen Sonkajärvi müssen starke Kerle mit ihrer holden Last einen mit Hindernissen gespickten Parcour bestreiten. Bei dem Wettbewerb, der seit 1992 jedes Jahr im Juni ausgetragen wird, sind immer wieder neue Tragetechniken zu sehen.
32. Recycling mal anders: Bei der Beer Can Regatta im australischen Darwin sind selbstgebaute Boote aus Bierdosen, Plastikflaschen oder Milchkartons am Start. Ein Heidenspektakel, wie beherzt sich die Schiffe und ihre Kapitäne vor dem Sinken zu retten versuchen. Termin im Juli.
33. Wer hat’s erfunden? Die Urform des Bungee Jumpings geht auf den Südsee-Archipel Vanuatu zurück: Fast nackt stürzen sich junge Insulaner an Lianen kopfüber von klapprigen Holztürmen in die Tiefe, gesichert lediglich mit einer um die Fußknöchel gebundene Liane. Kein Adrenalinkick, sondern ein Initiations-Ritual, das den Übergang ins Erwachsenenalter markiert.
Von Brigitte von Imhof