Korsika: Ein Paradies für Aktivurlauber
Das Dörfchen Nonza thront gut 200 Meter über steil ins Meer abfallenden Felsen. Prunkstück dieser 200-Seelen-Gemeinde ist der zinnengekrönte Wehrturm. Als die Franzosen diesen 1768 belagerten, wurden sie aus sämtlichen Schießscharten beschossen. Dem französischen Kommandanten wurde es mulmig. Er versprach der Besatzung des Turms ehrenvollen, freien Abzug. Daraufhin erschien der greise Korse Iacopo Casella. Allein. Über ein raffiniertes System von Seilzügen hatte er sämtliche Gewehre bedient.
Von Norbert Eisele-Hein und Lutz Bäucker
Vom Monte Cinto nach Calvi
Dies ist nur eine kleine historische Anekdote. Sie zeigt aber, wie wehrhaft die Korsen sind. Das ist wichtig zu wissen, weil Wanderwege und Bike-Trails ebenfalls nicht ohne sind. Mit gerade mal 180 Kilometern Länge und einer maximalen Breite von 60 Kilometern stellt Korsika zwar eher ein bescheidenes Inselchen dar. Aber die stark zerklüftete Westküste mit ihren tief eingeschnittenen Fjorden und das ausnahmslos bergige Inland sorgen bei Aktivurlaubern für ein schweißtreibend häufiges Auf und Ab. Die Insel gipfelt mit dem Monte Cinto bei imposanten 2 710 Metern. Einer Vielzahl weiterer 2000er verdankt sie den Beinamen „Gebirge im Meer“. Rennradler und Mountainkbiker werden auf Korsika also gut gefordert. Auch Wanderer wundern sich leicht: Die Macchia hat manchen vermeintlich einfachen Weg fest im Würgegriff. Dieses kunterbunte Potpourri wild wuchernder Kräuter wie Zistrose, Ginster, Baumheide, Erdbeerbaum und Myrthe bedeckt gut die Hälfte der Insel. Oftmals mehrere Meter hoch, bildet die Macchia einen undurchdringlichen Irrgarten.
Hufeisenförmig eingekerbt liegt die Bucht von Calvi in der Morgensonne. Die wuchtigen Gipfel ringsum verströmen eine Aura wie die Anden. Die Fahnen an den Masten der luxuriösen Jachten flattern leise in der frischen Brise. Nur langsam erwacht die Altstadt, die von einer monströsen Zitadelle überragt wird. 1794 bissen sich die Engländer beim Versuch, Calvi einzunehmen, genau an diesem Meisterwerk genuesischer Baukunst die Zähne aus - und Lord Nelson verlor dabei sein „legendäres“ Auge.
Auf der Calvi vorgelagerten Halbinsel La Revellata ziehen sich Ziegenpfade wie schmale Seidenfäden durch das üppige Grün der Macchia. Zahlreiche Badebuchten locken mit schillernd türkis-farbenem Wasser. Der Weg dorthin gehört zur Kategorie pures Vergnügen; den Aufstieg zur Kapelle Notre Dame de la Serra dagegen sparen sich die meisten und nehmen doch lieber die schmale Autostraße. Oben entschädigt in jedem Fall der Rundblick über den Golf und die lückenlose Zahnreihe des Inselmassivs.
Paddeltour am Fangofluss
Yves dreht an einem Paddel: „So musst du es halten!“, erklärt der braungebrannte Korse. „Und immer drehen, wie eine Schraube!“ Yves ist „l`instructeur“ an der Mündung des Fangoflusses. Unweit des Küstenstädtchens Galeria im Inselwesten haben er und seine Kollegen ein Stück Kiesstrand gepachtet - die Lizenz zum Geldverdienen. Denn nur bei Yves dürfen die Touristen in knallgelbe Kajaks klettern, um lautlos durch das Naturschutzgebiet zu gleiten.
Was ist Korsika nicht alles: das Land der Düfte, der Berge, der Buchten. Aber es gibt immer noch Facetten, die eher im Verborgenen zu finden sind. Und eine davon ist das Tal des Fangoflusses. „On y va!“ sagt Yves leise, „auf geht‘s! Und bitte - ganz leise sein!“ Tatsächlich ist hier Stille angesagt. Seltene Schildkröten, Reiher, scheue Vögel, riesige Fische: Sie alle sollen möglichst ungestört bleiben, in Ruhe brüten und ihre Jungen aufziehen dürfen. Wir tauchen die Paddel möglichst ohne zu spritzen ins moorige Wasser. Hier trifft Süßes auf Salziges, Meeres-Seerosen liegen auf der glitzernden Wasseroberfläche, meterhoch wuchert das Schilf, darüber spannt sich blau der Himmel, in der Ferne erheben sich die kantigen Spitzen der korsischen Berge – es ist ein Traum!
Doch wir wollen noch wenigstens eine richtige Mountainbiketour im Inselinneren machen. Wir starten in Casamaccioli. Visavis der Paglia Orba, deren gewaltiger Gipfelaufbau aussieht wie eine Sprungschanze. Über schattige Waldpisten ackern wir uns empor. Immer wieder verbarrikadieren ganze Herden verwilderter Hausschweine den Trail. Während wir etwas zaudern, zeigt uns Yann, der Guide, wie‘s geht. Höflich, aber bestimmt hinein in die Viecherei! Nur so geben die rosa-gescheckten Wegelagerer die Piste frei - wenn auch mit heftigem Protestgrunzen. Beim Piscine d‘Aitone, einer Art Mini-Karibik-Ableger mitten unter 50 Meter hohen Lariccio-Kiefern, waschen wir uns in kristallklaren Gumpen den Staub vom Körper. Erschöpft, aber sauber erreichen wir den 1477 Meter hohen Col de Vergio. Über unzählige Kehren fliegen wir die Passstraße hinunter.
Kurz vor Casamaccioli steigt Yann voll in die Eisen. Sein Geheimtipp heißt „Chez Josette“. Von außen sieht das Restaurant aus wie das Vereinsheim eines Viertligaklubs. Innen wirkt es keinen Deut besser: kitschige Bilder, ein Wildsauschädel von Spinnweben umrankt... Doch dann kommt sie. Josette ist klein, rundlich und einfach klasse. Ihre Aura durchströmt den Raum, und prompt fühlen wir uns wie bei Muttern. Überflüssig zu sagen, dass der frisch erlegte Wildsau-Braten göttlich schmeckt! Auch so eine Adresse, die wir ohne Yann nie und nimmer angesteuert hätten. Korsika ist top - aber noch besser mit guten Tipps.
Mehr Infos
Mountainbiketouren vermittelt das Team von „Algajola Sport et Nature" unter www.algajola-sportetnature.com
Kajaktouren im Delta des Fangoflusses organisiert „Delta du fango" unter www.delta-du-fangu.com
Kostenloses Kartenmaterial gibt es bei der Französischen Tourismuszentrale in Frankfurt unter info.de@franceguide.com, de.rendezvousenfrance.com/de
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