48 Stunden in Prag: Ein Wochenende in der Goldenen Stadt
Prag hat sich seinen einzigartigen historischen Charme bewahrt, ohne sich der Moderne zu verschließen. Am besten macht man sich zu Fuß auf und erkundet die Gassen und Plätze, die manche Überraschung bieten. Kaffeehäuser und Bauernmärkte, Kleinseite und Karlsbrücke, Barockkonzerte und böhmische Küche: Die tschechische Hauptstadt macht einem die Auswahl schwer.
ERSTER TAG
16 Uhr Stilmix am Wenzelsplatz
Der Wenzelsplatz ist das Wohnzimmer der Prager: Unter der monumentalen Statue des Landesheiligen versammeln sie sich bei allen Ereignissen, die von nationaler Bedeutung sind. Ob Prager Frühling, Samtene Revolution oder Weltmeistertitel im Eishockey – der 60 Meter breite und 750 Meter lange Prachtboulevard hat schon eine Menge erlebt. Bemerkenswert ist der verwegene Stilmix: Moderne Glasfassaden grenzen an Barock-Häuser, kubistische Fronten an Renaissance-Bauten.
17 Uhr Jugendstil-Traum Gemeindehaus
Das Prager Repräsentationshaus (Obecní dům) ist eine Ikone des Jugendstils: Es beherbergt Prunkräume und den größten Konzertsaal der Stadt, ein böhmisches Restaurant und eine amerikanische Bar im Untergeschoss sowie ein stilvolles Café im Erdgeschoss. Der Zugang zu den Lokalen ist frei – man kann also ein wenig herumspazieren und das messingglänzende Interieur bewundern. Wer Lust hat, der stimmt sich mit einem Cocktail auf das Prag-Wochenende ein.
18 Uhr Prachtvoller Altstädter Ring
Durch den Pulverturm geht es nun zum Altstädter Ring. Was für eine Pracht! Rund um das Denkmal des Reformators Jan Hus reihen sich bonbonbunte Ensembles aneinander, überragt von den Türmen der Teynkirche und des Altstädter Rathauses. Frisch restauriert präsentiert sich die Astronomische Uhr: Das technische Wunderwerk aus dem Jahr 1410 zeigt nicht nur die Uhrzeit, sondern auch die Mondphasen, die Jahreszeiten und die Tierkreiszeichen.
19 Uhr Prost in der Mikrobrauerei
Die Prager essen zeitig zu Abend – also wartet man selbst besser auch nicht zu lange. Zum Auftakt darf es etwas Deftiges sein: Im „Tri Ruze“ gibt es zum Rinderbraten natürlich böhmische Knödel. Der Gast hat in der Mikrobrauerei die Wahl zwischen sechs hausgebrauten Biersorten. Immerhin ist Tschechien das Land mit dem größten Bierverbrauch pro Kopf weltweit – darauf gilt es, mit einem Glas Dark Rose oder Old Bavarian anzustoßen! Wer danach noch unternehmungslustig ist: Die angesagten Trendviertel der Stadt mit Clubs, Kneipen und Bars sind derzeit Holešovice (z. B. Cross Club) und Karlín (z. B. Kasárna Karlín).
ZWEITER TAG
9 Uhr Bauernmarkt auf den Weinbergen
Wein auf Bier, das rat ich Dir! In diesem Sinne beginnt der Tag auf den Prager Weinbergen. Das Viertel Vinohrady rund um den Platz Jiřího z Poděbrad verströmt französisches Flair, das man beim Frühstück im Café „Le Chaveau“ genießen kann. Vor dem markanten Bau der Herz-Jesu-Kirche deckt sich die bunt gemischte Nachbarschaft auf dem idyllischen Bauernmarkt fürs Wochenende ein.
10.30 Uhr Auf zur Prager Burg!
Den Anstieg hinauf zur Burg überwindet die Straßenbahn Nr. 22. Vom Schloss Belvedere (Královský letohrádek) führen Spazierwege an Blumenrabatten und Rhododendren zur Burgbrücke. Flankiert von der Burgwache betritt der Besucher den zweiten Burghof und steht kurz darauf vor der Fassade des Veitsdoms. Der Blick schweift durch das gotische Kirchenschiff und geht hoch zu den eindrucksvollen Glasfenstern. Dazu ist kein Ticket nötig.
11.30 Uhr Lobkowitz-Museum: Spannende Zeitreise
Lebendig wird die Prager Geschichte im Privatmuseum der Adelsfamilie Lobkowitz bei der spannenden Audioguide-Führung. Kaum hat man die Kopfhörer aufgesetzt, beginnt das Staunen über Gemälde von Rubens, Velázquez und Canaletto, über Originalpartituren von Mozart und Beethoven sowie die eine oder andere Familienanekdote. Jeden Tag um 13 Uhr gibt es im Barocksaal zudem ein kleines Konzert, im Palace Café wird böhmische Küche serviert.
14 Uhr Pfauen im Waldsteingarten
Die Burgtreppe führt hinunter zur Metrostation Malostranska. Die kleine Tür neben dem Metro-Haupteingang zum Waldsteingarten ist leicht zu übersehen. Vorhang auf für ein besonderes Panorama: Schilf säumt das Wasserbecken mit Springbrunnen, dahinter thront die Burg. Vielleicht läuft einer der Pfauen ins Bild, die auf den Kieswegen zwischen Magnolienbäumen und Irrgarten-Hecken herumstolzieren? In der Voliere im hinteren Teil gibt es schlafende Eulen zu entdecken, und die künstliche „Grotte“ bevölkern fantasievolle Fabelwesen.
15 Uhr Spaziergang über die Karlsbrücke
Erbaut im Jahr 1357, verbindet die Karlsbrücke die Kleinseite mit der Altstadt. 30 steinerne Figurengruppen säumen die Geländer, dazu schieben Urlauber aus aller Welt an kleinen Ständen mit Kunsthandwerk und an Straßenmusikern vorbei. Doch auf der gut 500 Meter langen Brücke hat jeder Platz. Natürlich muss man dem Brückenheiligen Nepomuk, der hier einst in die Moldau gestoßen wurde, einmal über das blankpolierte Gesicht streichen. Ist der Andrang zu groß, tut es auch der ebenfalls bereits glänzende Hund ein Relief davor.
16 Uhr Im Schwanenboot auf der Moldau
Perspektivwechsel gefällig? Auf der Slawischen Insel (Slovanský ostrov) gleich beim Nationaltheater gibt es Tretboote zu leihen. Für Frischverliebte ist das Schwanenmodell bestimmt das Richtige – ansonsten stehen auch weniger auffällige Gefährte zur Auswahl. In einer Stunde kommt man bequem einmal um die Schützeninsel (Střelecký ostrov) – und kann vom Wasser aus die schmucken Fassaden an beiden Uferseiten und das „Tanzende Haus“ des Stararchitekten Frank Gehry bewundern.
18 Uhr Böhmische Küche im Café Louvre
Nun ist es Zeit für eine Stärkung. Die gibt es im Café Louvre, in dem schon Albert Einstein und Franz Kafka verkehrten. Egal ob Frühstück, Mittagessen, Kaffee und Kuchen, englischer Fünf-Uhr-Tee oder Abendessen – die Küche des Restaurants ist empfehlenswert. Wer nicht nur dem Treiben zwischen dem verspiegelten, in Rot und Creme gehaltenen Saal zuschauen will, der kann zu internationalen Zeitungen greifen oder eine Runde Billard spielen.
19 Uhr Kultur von Jazz bis Schwarzlicht
Jazzfreunde setzen den Abend im Kellergeschoss fort: Im Club Reduta treten internationale Koryphäen auf. In die Opernwelt Mozarts werden Besucher im „Nationaltheater der Marionetten“ entführt. Nicht weniger zauberhaft sind die Inszenierungen der Laterna Magika. Und natürlich finden jeden Abend Opernaufführungen und Konzerte statt – am besten im Internet bestellen oder direkt an der Theaterkasse des Nationaltheaters nachfragen.
DRITTER TAG
9 Uhr Kaffeehaus-Flair im Savoy
Kaffeehauskultur gibt es nur in Wien? Nun, auch Prag gehörte jahrhundertelang zur k u. k Monarchie. Ober in langen Schürzen und ein heller, hoher Raum mit blumenverzierter Decke machen einen Besuch im Café Savoy zu jeder Tageszeit zum Erlebnis. Besonders lecker: Das vielfältige Frühstücksangebot mit hausgebackenem Brot und selbstgemachten Marmeladen. Übrigens: Im Untergeschoss kann man einen Blick in die Backstube werfen und sehen, wie Croissants und Baguettes, böhmischer Guglhupf und üppig verzierte Torten entstehen.
10.30 Uhr Mit der Zahnradbahn auf den Petřín
Der Petřín ist der Hausberg der Prager. Am Sonntag genießen Familien die Parkanlagen, die Verliebten treffen sich im Rosengarten und Urlauber steuern nach einer kurzen Fahrt mit der Zahnradbahn den Aussichtsturm Petřínská rozhledna an. Die 63,5 Meter hohe Eisenkonstruktion ähnelt dem Pariser Eiffelturm. Wer die 299 Stufen überwunden hat, dem eröffnet sich eine überwältigende Aussicht auf Prag. Durch Obstgärten geht es wieder hinunter zur Stadt. Es bleibt idyllisch: Entlang der Vlašská-Straße – hier residiert der deutsche Botschafter – sind die Gassen kopfsteingepflastert und viele alte Hauszeichen zu entdecken.
12 Uhr Welterbe-Garten Vrtba
Beim Blick von der Burg und vom Petřín ist es nicht zu übersehen: Prag ist trotz vieler goldener Dächer eine grüne Stadt. Am Kleinseitner Platz führt ein großes Holztor zum Vrtba-Barockgarten, der zum Welterbe der UNESCO zählt. Von jeder Etage ergeben sich neue Sichtachsen – und wer den höchsten Punkt erklommen hat, der kann einen Blick in den angrenzenden, gut gesicherten Garten der US-Botschaft werfen.
13 Uhr Authentische Küche im „Lokál“
Authentische Küche mit regionalen Zutaten und ohne Schnickschnack kommt im „Lokál U Bílé kuželky“ auf den Tisch. Nur einen Steinwurf von der Karlsbrücke entfernt wird auch eigenes Bier gebraut, das zur rustikalen Hausmannskost schmeckt.
14.00 Uhr Verwunschener Jüdischer Friedhof
Nun geht es noch einmal über die Karlsbrücke und in Richtung Jüdisches Viertel. Höhepunkt ist hier der Alte Jüdische Friedhof, der im 15. Jahrhundert angelegt wurde. 12.000 Grabsteine sind erhalten, das verwunschene Areal wird von alten Bäumen beschattet. Im Eintrittspreis erhalten ist auch der Besuch von etlichen Synagogen und Ausstellungen – wer noch Zeit hat, der besichtigt die Spanische Synagoge und die eindrucksvolle Pinkas-Synagoge.
16 Uhr Noch schnell ein paar Souvenirs ...
Très chic! Über die Pariser Straße mit ihren Nobelboutiquen ist schnell der Altstädter Ring erreicht. Sie haben noch keine Souvenirs? Wer noch kein Souvenir hat, der gönnt sich ein teures Handtäschchen oder findet in den Filialen von Manufaktura tschechisches Kunsthandwerk wie – ganzjährig – kunstvoll bemalte Ostereier. Die Prager Filiale des Hard Rock-Cafés ist in einem sehenswerten historischen Gebäude vertreten, böhmisches Kristall und Glasprodukte aller Art gibt es entlang der Celetná-Straße. Dann ist es Zeit für die Heimreise – und für die erste Überlegung, ob der nächste Prag-Trip vielleicht unter dem Motto Jugendstil oder Bauhaus-Architektur stehen oder doch besser Franz Kafka und moderne Kunst, Design und Film zum Thema haben soll.
Von Sibylle v. Kamptz
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