Roadtrip: Von Oregon nach San Francisco
Es muss nicht immer der berühmte Highway 1 zwischen San Francisco und Los Angeles sein. Die nördliche Verlängerung entlang der spektakulären Küste Oregons ist genauso aufregend. Es geht vorbei an spektakulären Klippen, sonnenbadenden Seelöwen und bekannten Filmschauplätzen bis zur Golden Gate Bridge im Süden.
Von Heidi Siefert
Wo Wein wächst, braucht man nach deutschen Winzern nicht lange zu suchen. Das sanft-hügelige Willamette Valley im US-Bundesstaat Oregon macht da keine Ausnahme. Unweit der Hauptstadt Salem haben sich Helmut und Lilo Wetzel aus Würzburg ihren Traum vom eigenen Weingut, „Château Bianca“, erfüllt. Oregons Weinregion hat zwar noch nicht den bombigen Ruf der kalifornischen Wine Valleys. Aber Kenner wissen längst um die Qualität der dort gekelterten Pinot Noir und Pinot Gris, versichert Helmut Wetzel, dessen (nach der Tochter Bianca genannter) Betrieb mittlerweile von Sohn Andreas geleitet wird. Das Weingut liegt verkehrs- und geschäftsgünstig am Highway 22, der schnurstracks zu Oregons Pazifikküste führt.
Seelöwen beim Sonnenbad
Nicht einmal zwei Stunden Autofahrt später checken wir in Newport im charmanten „Elizabeth Street Inn“ ein; das liegt auf einem Felsen hoch über dem Pazifik und überblickt viele Kilometer wilde Küste. Rechtzeitig zum Sonnenuntergang sind wir am Strand, den wir über einen Dünenabhang erreichen. Spaziergänger mit und ohne Hund und Muschelsammler mit Eimerchen sind unterwegs und halten ehrfürchtig inne, als die Sonne am Horizont in den Pazifik taucht. Im Frühjahr und Herbst lohnt es sich, nach Walen Ausschau zu halten. Rund 18.000 Grauwale ziehen auf ihren Reisen von den fischreichen Nahrungsgründen in der Beringsee vor Alaska an die Baja California und zurück an Oregons Küste vorbei und bescheren dem Staat einen regen Whale-Watching-Tourismus.
Die Fahrt gen Süden auf dem zweispurigen Highway 101 überrascht mit einer Aneinanderreihung von Traumstränden und kurios geformten Felsen, die aus dem Meer ragen. Manche sehen aus wie Kathedralen oder Zuckerhüte, andere wie verlorenes Spielzeug. Flüsse sprudeln aus den kräftig grünen Mischwäldern, die sich hinter der Küste in steilen Vorgebirgen verlieren. Die Flussmündungen werden von teilweise spektakulären Brücken überspannt.
In einer Bucht haben sich zwei Dutzend Seelöwen zu einem Sonnenbad ausgebreitet. Ein paar Kilometer weiter kann man in einem Aufzug zu den Sea Lions Caves nach unten fahren, um eine unvorstellbar große Zahl dieser Tiere in einer Meergrotte aus der Nähe anzusehen. Bereits vor mehr als 100 Jahren hat ein weitsichtiger Gouverneur alle Strände Oregons zum Allgemeingut erklärt. Berge, Täler und Gewässer führen hier Regie, die Strecken zwischen den kleinen Orten sind unverbaut. Mal kann man direkt an den Strand fahren, mal krachen die Brecher des Pazifiks an imposante Steilküsten. Manche Felsvorsprünge sind malerisch „dekoriert“ von einem Leuchtturm. Trotz herrlichen Sommerwetters wird kaum gebadet, da das Wasser selten wärmer als 18 Grad wird. Was natürlich auch erklärt, weshalb die südkalifornischen Strände ungleich populärer sind. Dennoch wird Wassersport groß geschrieben. Wir sehen Seekajakfahrer, Stand-up-Paddler und Taucher – allesamt in dickes Neopren gepackt. Die Küstenstraße 101, von der dann später die noch berühmtere Nummer 1 abzweigt, ist auch beliebt bei Radfahrern, zumal der Verkehr sehr ruhig ist.
Die größsten Bäume der Welt
„Welcome to California“ begrüßt uns ein Schild – und sogleich werden andere Saiten aufgezogen: Wir lesen, dass die Entsorgung von Müll eine 1000-Dollar-Strafe zur Folge hat, ebenso das Aussetzen von Tieren. Bald haben wir den Redwood-Nationalpark erreicht. In dem Schutzgebiet wachsen die riesigen Küstenmammutbäume, die Redwoods. Mit über 100 Metern Höhe sind sie die größten Bäume der Welt. Am eindrucksvollsten präsentieren sich die Baumriesen auf der „Avenue of the Giants“, die auf einer Länge von 50 Kilometern parallel zum Highway 101 verläuft. Wir kommen an einem Campingplatz vorbei, auf dem selbst die mächtigsten Wohnmobile inmitten der Redwoods wie Spielzeugautos aussehen.
Bei Leggett verlassen wir den Highway 101 (der landeinwärts bis Los Angeles führt) und setzen die Fahrt an der kalifornischen Küste auf dem Highway 1 fort. Wir passieren charmante kleine Orte, von denen man – im Gegensatz zu den Highway-1-Orten zwischen San Francisco und Los Angeles – noch nie etwas gehört hat. Rockport, Inglenook, Fort Bragg und dann doch ein bekannter Name, zumindest für Schlagerfans: Mendocino, wo Michael Holm in seinem Song ebenso unermüdlich wie erfolglos nach seinem Girl gesucht hat. Im Mendocino County wurde auch der Filmklassiker „Jenseits von Eden“ gedreht. Viel weiter südlich, als wir uns allmählich dem Einzugsgebiet von San Francisco nähern, erreichen wir einen weiteren Hollywood-Schauplatz: Bodega Bay, wo Alfred Hitchcocks „Die Vögel“ die Film-Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzten.